Aufruf zur Demo am 1.12.

Am 1. Dezember 2007 will der NPD Kreisverband Unna/Hamm seine Weihnachtsfeier – im Nazi-Jargon „Julfest“ genannt – feiern. Im dritten Jahr in Folge wurde der Nazi-Liedermacher Frank Rennicke eingeladen, um in einer biederen Atmosphäre seine schmalzige Propaganda vorzutragen. Den Ort ihres Konzerts versucht die NPD geheim zu halten. Nur so viel ist öffentlich: Um 16.00 Uhr soll es im „Großraum Unna“ starten. Wir finden: Zwei Jahre ohne Gegenproteste sind genug und rufen deshalb für 13.00 Uhr zu einer antifaschistischen Demonstration in Unna auf. Mit unserer Demonstration wollen wir nicht nur gegen die Neonazi-Weihnachtsfeier, sondern auch gegen die Strukturen der NPD protestieren. Der Kreisverbands-Sprecher und Organisator der NPD-Veranstaltungen Hans-Jochen Voß hat nämlich sein Büro in Unna.


WER KOMMT ZUR NAZI-FEIER?

Um der jährlichen Weihnachts-feier ein wenig mehr Attraktivität zu ver-leihen, soll Frank Rennicke seine däm-lichen „Deutschland-Deutschland-üb-er-alles-Liedchen“ trällern. Rennicke gehört zu den „Berühmtheiten“ der rechten Szene und ist ein beliebter Musikant bei Liederabenden und auf Aufmärschen. Er selbst sieht sich als „nationaler Barde“. 2001 wurde Rennicke wegen sechsfacher Volksverhetzung verurteilt. Das Konzept, die NPD-Politik mit rechter Kultur zu verbinden, ist in den letzten Jahren aufgegangen. Jeweils 100-150 Neonazis haben an den Veranstaltungen teilgenommen, unter ihnen nicht nur NPD-Mitglieder, sondern auch VertreterInnen der „Freien Kamerad-schaften“, vor allem aus Hamm und Dortmund.

DIE BEDEUTUNG DER NPD
Die NPD ist zur Zeit die bedeutendste extrem rechte Partei. Auch wenn sie bei der letzten Landtagswahl in NRW eher ent-täuschend abgeschnitten hat, fühlt sie sich durch die Erfolge in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern im Aufwind. Den Rassismus, der in großen Teilen der Gesellschaft verwurzelt ist, greift sie auf und treibt ihn mit Forderungen wie „Gute Heimreise“ (gerichtet an Migrant-Innen) oder „Arbeit zuerst für Deutsche“ auf die Spitze. Alle vermeintlichen oder tat-sächlichen gesellschaftlichen Probleme werden durch die rassistische Brille gesehen: Immer sind „die Ausländer“ oder „das Ausland“ schuld oder sie machen in antisemitischer Manier gleich eine „jüdische Weltverschwörung“ verantwortlich. Auch wenn die NPD versucht anstelle von verpönten Begriffen wie „Rasse“ lieber von „Kulturen“ zu sprechen, die dahinter stehende Ideologie ist die gleiche. Die NPD bezieht sie sich immer wieder positiv auf die NSDAP und das Dritte Reich. Dass die NPDler die modernen Wiedergänger der alten Nazis sind, ist unübersehbar.


DER LOKALE KREISVERBAND

Schon kurze Zeit nach der Parteigründung in den Sechziger Jahren wurde der NPD-Kreisverband Unna/Hamm gegründet. Hochzeiten erlebte er Ende der 1960er und Ende der 1970er Jahre. Danach war es lange Zeit ruhig um die Neonazis. Im Wahljahr 2005 gab es allerdings einen groß angelegten Wahlkampf: Regelmäßig wurde plakatiert, Flyer verteilt, Infostände durchgeführt und in allen Kreis-Wahlbezirken wurden Direkt-kandidatInnen aufgestellt. In Bergkamen-Overberge fand eine überregional bedeutende Wahlkampfver-anstaltung statt. Auf der „Interessentenveranstaltung für Westfalen“ sprach u.a. Parteichef Udo Voigt zu weit über 100 SympathisantInnen. Die jährlichen Weihnachtsfeiern sind nicht die einzigen Veranstaltungen des NPD-Kreisverbandes. Jeden Monat werden Schulungen organisiert, die Sympathisantinnen eine Kontaktaufnahme ermöglichen, Jugendliche an die Partei anbinden und Mitglieder „weiterbilden“ sollen. Hier werden die Kader in Schlüsselthemen geschult, die sie später an die Wahl-Bevölkerung brin-gen sollen. Die Veranstaltungen dienen also ganz maßgeblich dem Aufbau von extrem rechten Strukturen in der Region. Als Referenten konnte immer wieder „Szene“-Prominenz gewonnen werden. So traten u.a. der sächsischen NPD-Landtagsabgeordnete und „Chefideologe“ Jürgen W. Gansel oder der Rechtsanwalt Jürgen Rieger, der nicht zuletzt durch Immobiliengeschäfte in Delmenhorst und Menden Aufmerk-samkeit erregte, ans Rednerpult. Die Rednerliste zeigt, dass der Kreis-verband über beste Kontakte zu den „Spitzenleuten“ der Partei verfügt. Die Veranstaltungen werden auch nicht nur von lokalen Neonazis besucht. Auch aus dem Ruhrgebiet oder dem Sauerland reisen BesucherInnen in den Unna. Seit die NPD Unna/Hamm durch antifaschistische Proteste mehrere Veranstaltungsorte verloren hat, versucht sie die Schulungsveranstaltungen eher konspirativ zu organisieren.

ZUSAMMENARBEIT MIT PARTEIFREIEN NEONAZIS
Der Kreisverband legt großen Wert auf eine gute Zusammenarbeit mit den „Freien Kameradschaften“. 2006 mietete die lokale NPD, in Person ihres Sprechers Hans-Jochen Voß, die Räumlichkeiten für eine Saalver-anstaltung des Neonazi-Zusammenschluss Aktionsbüro Westdeutschland in Hamm an. Im August diesen Jahres wurde eine gemeinsame Rechtshilfe-Schulung mit Christian Worch in einer Gaststätte in Kamen-Heeren durchgeführt. Zusammen mit Kameradschaftlern versuchten Mitglieder des Kreisverbandes Anfang dieses Jahres auch eine antifaschistische Vortragsveranstaltung in Unna zu stören. Die Gerichtskosten für den Kameradschaftsführer Sascha Krolzig aus Hamm bezahlte die NPD.

DER MANN IM HINTERGRUND
Als Hauptorganisator der NPD tritt immer wieder Hans-Jochen Voß aus Unna auf. Er mietet für die Partei die Räumlichkeiten in Gaststätten an, meist unter falschen Angaben. Sein Geld verdient er als Versicherungs-makler: Hans-Jochen Voß betreibt am Markt in Unna die VVZ GmbH. Voß ist der Drahtzieher hinter dem Kreis-verband Unna/Hamm. Seinen geschäftlichen Interessen scheint dies aber noch nicht geschadet zu haben.


WAS BISHER GESCHAH…

Der antifaschistische Protest hat sich bisher darauf beschränkt die verschiedenen Veranstaltungsorte aus-findig zu machen und sie der NPD wieder abzujagen. Dafür ist immer öf-fentlicher Druck notwendig wie jüngst der Fall der Gaststätte „Baumeister“ in Kamen-Heeren zeigte. Die Veranstaltungen sind die wichtigsten Aktivitäten des Kreisverbandes, deswegen drängt sich hier eine antifaschistische Intervention gerade zu auf. Die NPD sollte nicht nur während des Wahlkampfes behindert, vielmehr sollten ihre Strukt-uren nachhaltig bekämpft werden. Es ist nicht tolerierbar, dass der NPD Raum gegeben wird, um ihre menschenverachtende Politik zu betreiben. Da einige Wirte nicht wissen, wie sie sich vor den Neonazis schützen können, haben wir eine Handreichung erstellt, die Tipps und Tricks enthält. Doch das kann nicht alles sein. Wir wollen in die Offensive gehen.

WAS GESCHIEHT JETZT?
Der NPD-Liedermacherabend am 1.Dezember ist ein guter Anlass, den antifaschistischen Widerstand auf die Straße zu tragen und die Strukturen der Neonazis in den Blick zu nehmen. Wir wollen die NPD-Schulungsveranstaltungen unterbinden und den Neonazis so die Möglichkeit nehmen, ihre Partei weiter aufzubauen und zu stärken. Wir finden es untragbar, dass ein bekennender NPD’ler mitten in der Stadt ein Versicherungsbüro führen kann, ohne, dass jemand an seinen politischen Aktivitäten Anstoß nimmt.


Antifaschistische Demonstration in Unna
Samstag, 1. Dezember 2007 // 13.00 Uhr // Rathausplatz