Nach dem Mord: Über 4000 Menschen bei Demo in Dortmund

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Nach dem erschreckenden Mord eines Nazis an dem 32-jährigen Punk und Antifaschisten Thomas S. demonstrierten am Samstag 4000 Menschen in Dortmund. Etliche waren auch aus dem Kreis Unna zur Demo gefahren, um ihre Trauer auszudrücken und Thomas zu gedenken. Aber auch um aktiv gegen die Dortmunder Neonaziszene vorzugehen.

Pressemitteilung des “Antifaschistischen Bündnis 28.03” zur Demonstration am 02. April 2005 in Dortmund:

Trotz kurzfristiger Mobilisierung in nur vier Tagen haben am gestrigen Samstag mehr als 4.000 DemonstrantInnen ihre Wut und Trauer über die Ermordung von Thomas Schulz durch einen Neonazi auf die Straßen Dortmunds getragen. Die erfolgreiche Demonstration setzte ein deutliches Zeichen gegen rechte Gewalt. “Die erfreulich hohe Teilnehmerzahl hat unsere Erwartungen übertroffen” so Michael Laskowiak, Sprecher des “Antifa-Bündnis 28.03”.

Auf der um 12:00 Uhr beginnenden Gedenkkundgebung an der Kampstraße hielt ein Freund des Ermordeten eine bewegende Rede. Anschließend zog die lautstarke und kraftvolle Demonstration angeführt von einem Block von 1.000 autonomen AntifaschistInnen in die Dortmunder Nordstadt. Ein Vertreter der Antifa klärte bei der Zwischenkundgebung an der Mallinckrodtstraße, nahe dem Wohnort des Neonazi-Anführers Siegfried “SS-Siggi” Borchardt, über Aktivitäten und Strukturen der lokalen Neonaziszene auf.

Zurück auf dem Königswall, legten die DemonstrantInnen eine spontane Kundgebung vor der Kanzlei des Rechtsanwalts André Picker ein. Der regelmäßig als Strafverteidiger von Neonazis in Erscheinung tretende Picker offenbarte seine rechte Gesinnung zuletzt im November 2004, als er in Recklinghausen nach einem von der Polizei aufgelösten RechtsRock-Konzert unverhohlen mit Neonazi-Aufmärschen drohte. Für ein “Eisernes Kreuz” auf seinem Briefkopf wurde er bereits vor Gericht gerügt. [1]

Noch am Tag vor der Demonstration hatten die Rechten erneut unter Beweis gestellt, das sie den Mord als Teil ihrer politischen Strategie begreifen: sie klebten Plakate, auf denen offen gedroht wurde, wer sich Ihnen in den Weg stelle, müsse die Konsequenzen tragen. Michael Laskowiak: “Nach dem Mord und den Sympathie-bekundungen für den Mord seitens der lokalen Neonazis haben mehr als 4.000 Menschen klar gestellt, dass sie sich nicht einschüchtern lassen und eine weitere Bagatellisierung der Dortmunder Neonaziszene nicht hinnehmen werden.”

Ihren Unmut über den Mord und die anhaltenden Drohungen aus der rechten Szene brachten 500 AntifaschistInnen im Anschluss an die Demonstration durch einen spontanen Protestzug durch die Fußgängerzone Westenhellweg zum Ausdruck. Die Polizei ging mit übertriebener Härte gegen die DemonstrantInnen vor. Nach Angaben der Polizei wurden 38 Personen in Gewahrsam genommen, 46 Personen verhaftet. Würde die Polizei in ihrem Vorgehen gegen die Neonazis ein ähnliches Engagement an den Tag legen, hätte sich wohl kaum eine derartig gewaltbereite Szene entwickeln können. Michel Laskowiak: “Nach dem Mord an Thomas kann auch die Dortmunder Polizei die Augen vor diesem Problem nicht weiter verschließen.”

Es bleibt zu hoffen, dass die Gewalttaten der Naziszene und das antifaschistische Engagement dagegen nicht auf die Ebene einer irgendwie gearteten “Eskalation” reduziert werden. Die rechte Gefahr ist nicht bloß ein Problem für die Menschen, welche wie Thomas nicht in das Weltbild der Neonazis passen. Der Kampf gegen Neonazismus sollte für eine sich selbst als demokratisch verstehende Gesellschaft selbstverständlich sein.

[1] LOTTA- antifaschistische Zeitung aus NRW Nr. 15 (Winter 2004), S. 41.