Analyse zur Landtagswahl 2010

Landesweit haben alle extrem rechten Parteien (Pro NRW, REP, NPD) ihre Wahlziele verfehlt. Zwar ist Pro NRW mit 1,4 % der Stimmen stärkste Rechtsaußen-Partei geworden, von den selbst gesteckten Wahlzielen – zuerst wurde ein Einzug in den Landtag versprochen, später ein Achtungsergebnis – ist die angebliche „Bürgerbewegung“ aber weit entfernt. Schlimmer sieht es nur bei NPD und Republikaner aus. Beide Gruppierungen haben gegenüber 2005 verloren und schafften nicht einmal die 1-Prozent-Hürde, kommen also nicht in den Genuß staatlicher Wahlkampfkostenrückerstattung.

Gerade für die finanziell klamme NPD, die im Wahlkampf Plakate aus anderen Bundesländern sowie aus längst vergangenen Wahlkämpfen aufhängen musste, dürfte dies problematisch werden. Die NPD erhielt nur 0,7 % der Stimmen (- 0,2%). Weit abgeschlagen sind die Republikaner mit 0,3 % (- 0,5%), die 2005 fast gleichauf mit der NPD waren. Sie hatten in den letzten Monaten immer mehr Mitglieder an Pro NRW verloren, wollten aber auf eine Kandidatur nicht verzichten. Der REP-Bundesvize Stritter fordert nun deshalb den Rücktritt der Landesvorsitzenden Uschi Winkelstett.

Situation im Kreis Unna und Hamm
Im Folgenden sind hier Ergebnisse der extrem rechten Parteien in den Wahlkreisen aufgeführt. (dokumentiert bei NRW rechtsaußen):

WK 115 Unna I NPD: 1,2 % (unverändert), REP: 0,3 % (minus 0,3 %), pro NRW: 0,6 %; Erststimme: Günther Hartwig (NPD): 1,5 %.

WK 116 Unna II NPD: 1,5 % (plus 0,2 %), REP: 0,3 % (minus 0,6 %), pro NRW: 0,6 %; Erststimme: Arnd Brakelmann (NPD): 1,9 %.

WK 117 Unna III – Hamm II NPD: 1,2 % (minus 0,3 %), REP: 0,5 % (minus 0,5 %), pro NRW: 0,7 %.

WK 118 Hamm I NPD: 1,0 % (minus 0,2 ), REP: 0,6 % (minus 0,3 %), pro NRW: 0,5 %; Erststimme: Hans-Jochen Voß (NPD): 1,1 %, Yvonne Busse (REP): 0,7

Aus der Analyse der Wahlergebnisse ergibt sich, dass alle Parteien vor allem dort bessere Ergebnisse eingefahren haben, wo sie über aktive Strukturen verfügen. Pro NRW konnte nicht einmal die Hälfte des Durchschnittsergebnisses erzielen. Auch die desaströse Wahlkampftour konnte keine Akzente setzen. Pro NRW ist als Akteur regional nicht präsent, ebenso die Republikaner, die aber zumindest in Hamm über einen eigenen Kreisverband verfügen. Allerdings wechselte das dortige Ratsmitglied Gerald Thörner kurz vor der Wahl zu Pro NRW, so dass sie in allen Wahlkreisen deutliche Verluste hinnehmen mussten.

Das Ergebnis der NPD
Differenzierter fällt das Wahlergebnis für die NPD aus. Im Wahlkreis Unna I und Unna II konnte das Ergebnis von 2005 gehalten oder sogar leicht gesteigert werden. Die Direktkandidaten der Partei erhielten mehr Stimmen als an Zweitstimmen abgegeben wurden. Diese Differenz lässt sich aus einer Protesthaltung erklären: Während der Direktkandidat der NPD gewählt wurde, obwohl klar war, dass er keinerlei Chance auf einen Mandatsgewinn hat, gaben dieselben WählerInnen ihre Zweitstimme einer anderen Partei, beispielsweise der CDU, um ihre Stimme nicht zu „verschenken“. Die NPD hatte vor der Wahl auch damit geworben eine „rot-rote Koalition“ verhindern zu wollen. Dies war den WählerInnen aber eben nicht mit der NPD, sondern nur mit der Wahl einer großen Partei möglich. Die besten (Zweitstimmen-)Ergebnisse erreichte die NPD in Lünen (1,8%, 2005: 1,7%) und Unna (1,4%, 2005: 1,0%). Einen merklichen Verlust musste die NPD in Bergkamen hinnehmen, wo es nur für 1,4% reichte (gegenüber 1,7% in 2005).

Auch in den Wahlkreisen des benachbarten Dortmund konnte die NPD minimale Stimmengewinne (+0,1%) verzeichnen. In beiden Regionen kam der Partei dabei zu Nutze, dass die „freien“ Kameradschaften und „autonomen“ NationalistInnen massive Wahlkampfunterstützung geleistet haben. Ohne ihre Hilfe, wäre der NPD-Wahlkampf vor allem im Kreis Unna und Hamm kaum wahrnehmbar gewesen. Anders noch als 2005, als sich ihre Wahlkampfhilfe auf vereinzelten Schutz von Infoständen und Lautsprecherwahlen beschränkte, wurden in diesem Jahr die Plakatierung, das Verteilen von Flugblättern sowie die Durchführung von Infoständen von parteifreien Neonazis übernommen. Dabei bediente sich die NPD bei allen regional aktiven Gruppen: der Kameradschaft Hamm, des Nationalen Widerstands Unna, der Freien Nationalisten aus Lünen und des Nationalen Widerstands Dortmund.

Dieses Praktieren mit den gewaltbereiten, offen den Nationalsozialismus glorifizierenden Gruppen hat der NPD aber nicht geschadet. Es kann vielmehr davon ausgegangen werden, dass die NPD auch am Wahltag von den angewachsenen Neonazi-Strukuren in der Region profitierte. Unklar ist zum jetztigen Zeitpunkt, ob wieder Geld in die Taschen der „Autonomen Nationalisten“ geflossen ist. 2009 sponsorte der NPD-Kreisvorsitzende Hans Jochen Voß die Dortmunder Neonazis mit 3000 Euro, auch die Kameradschaft Hamm soll eine Zuwendung erhalten haben. Diese Zusammenarbeit zeigt aber einmal mehr, dass die NPD Unna/Hamm eine neonazistische Organisation ist, die unseren Widerstand auch in den kommenden Jahren weiter zu spüren bekommen sollte. Denn organisatorisch ist die NPD deutlich schwächer aufgestellt als noch 2005, so konnte im Wahlkreis 117 kein Direktkandidat aufgestellt werden.

Abschließend ist festzuhalten, dass alle extrem rechten Parteien von den veränderten Wahlbedingungen profitierten. Erstmals konnten bei der Landtagswahl zwei Stimmen abgegeben werden, was für die Parteien bedeutete, dass sie nicht zwangsläufig DirektkandidatInnen suchen mussten, aber trotzdem gewählt werden konnten. So standen personelle Schwächen einem Wahlantritt nicht mehr im Wege.