Unter dem Gegröhle des Horst-Wessel-Liedes und mit Fackeln und einer Hakenkreuzfahne ausstaffiert, haben 40 Neonazis (Eigenangabe) am Samstag, den 23. Februar dem SA-Mann Horst Wessel gedacht.
“Schon lange hörte Ich von diesem Termin, dem 23. Februar. Hier und da vernahm man, dass die Kameraden der ‘Autonomen Nationalisten Ahlen’ eine Aktion planen, deren Durchführung an jeden Gesinnungsparagraphen der Bundesrepublik kratzt“ – so beginnt ein „Aktionsbericht“, der keine 24 Stunden auf der Internetseite des „Freien Netz Unna“ zu lesen war. Ein „Kamerad aus Unna“ berichtet darin von dem Fackelmarsch. Mit viel Pathos geht der Bericht weiter: „Ich war aufgeregt und gespannt, trotz Angst vor großer Repression durch den Staat ging es am frühen Abend los Richtung Ahlen, der ersten judenfreien Stadt im Deutschen Reich.“ Und endet schließlich voller Kitsch mit den Worten: „Richtung Straße merkte Ich, wie die Autos weit weg langsamer fuhren, der Lichtschein schien sie zu verunsichern, aber vielleicht strahlte das heilige Symbol auf rotem Stoff, welches der Reihen voran getragen wurde, soviel Leuchtkraft aus, dass auch die Autofahrer es erblickten.“ Das „heilige Symbol“, dass die Neonazis mit sich führten, war eine Hakenkreuzfahne, was auch durch ein Video dokumentiert wird, dass auf einem russischen Portal hinterlegt wurde.
Der Nationale Widerstand Unna
Damit haben beteiligten Nazi-Gruppen „Kameradschaft Hamm“, „Nationaler Widerstand Unna“ und „Autonome Nationalisten Ahlen“ einmal mehr gezeigt, in welcher Tradition sie stehen und wer ihre Vorbilder sind. Nicht, dass sie sich nicht auch bei anderen „Aktionen“ schon als moderne WiederläuferInnen der historischen FaschistInnen präsentiert hätten. Der Unterschied liegt einzig im offenen Zeigen des NSDAP-Symbols, das seit 1945 in Deutschland verboten ist. Unsicher, ob sie sich mit dieser Aktion nicht doch etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt haben, versuchen sie nun ihre Spuren im Internet zu verwischen. Die „Aktionsberichte“ verschwanden von ihren Webseiten und das Video wurde nachberarbeitet.
Die drei beteiligten Nazigruppen haben in den letzten Jahren schon desöfteren zusammen gearbeitet. Die Mitglieder des „Nationaler Widerstands Unna“ (die, um Kontinuität und vorhandene Gruppenstrukturen zu verbergen, sich seit kurzem “Freies Netz Unna” nennen) stellten dabei nicht nur das Fußpersonal. Auf der „Gedenkveranstaltung“ am Samstag soll auch ein „Kamerad aus Unna“ gesprochen haben. Anführer der Unnaer Neonazis ist der Fröndenberger Alexander W.. Weitere Aktivisten sind Bastian Löhr, Marc Schrot (mittlerweile nach Dortmund vorzogen) sowie Anja Kempa und ihr Lebensgefährte Christoph Komotzki. Letzterer ist Inhaber der Firma „K&K Tischlerteam“ aus Dortmund-Wickede.
Friedhof in Hamm geschändet
Ebenfalls am Wochenende wurde der jüdische Teil des Ostfriedhofs in Hamm geschändet. Neonazis sprühten Hakenkreuze und „Juden raus“ auf Grabsteine. Mit der selben Farbe wurde auch „Mord an Horst Wessel“ an das Büro der Linkspartei in Hamm geschmiert. Es ist also davon auszugehen, dass es sich bei den TäterInnen, um TeilnehmerInnen des Fackelmarsches gehandelt hat. Bereits am 13. und 20. Februar haben Neonazis, eigenen Angaben zufolge, der SA-Männer Otto Senft in Dortmund-Dorstfeld und Wilhelm Sengotta in Unna-Massen gedacht. Auch sie werden von den Neonazis als „Blutszeugen“ ihrer „Bewegung“ verehrt.
Auch die Autonomen Nationalisten Ahlen sind nicht das erste Mal durch NS-verherrlichende und rassistische Aktionen aufgefallen. Weil sie auf ihrer Internetseite ein rassistisches Pamphlet verbreitet hatten, stellte die Jüdische Gemeinde Münster jüngst eine Strafanzeige gegen die Gruppe. Die hat den Text wieder aus dem Internet genommen. Die Staatsanwaltschaft hält eine Ermittlung der Verfasser für unwahrscheinlich, da die Server in den USA lägen. Trotzdem razzte die Polizei in der vergangenen Woche einen “Kameradschaftsabend” in Ahlen und nahm die Personalien der acht Anwesenden auf.
Antisemitische Schmiererein in Hamm, mehr Fotos bei der Antifa Hamm