Diesmal standen sie zu dritt vor Gericht. Anklagepunkt war neben Sachbeschädigung und Verwendung von verfassungsfeindlichen Kennzeichen auch Volksverhetzung. Zusätzlich wird einem angeklagten Nazi der Fund von kinderpornographischem Material zu Last gelegt.
Bereits im Jahr 2009 soll der Unnaer Neonazi Alexander W. an seiner Schule, dem Clara-Schumann-Gymnasium in Holzwickede, volksverhetzende Flyer verteilt haben. Darauf schrieb er, Ausländer*innen seien “kultur- und artfremd” und Einwanderung führe zur”unkontrollierbareÜberfremdung” Deutschlands.. sah das “Dritte Reich als glühendes Vorbild” für seine propagandistischen Auftritte.
Eine Rede, die W. am 31.12.2010 auf einer Demonstration in Dortmund hielt zeigt, dass sich daran nichts geändert hat: “Seit 1945 befindet sich unser Volk in völliger Degeneration. Rassisch wie seelisch wird es durch die Sieger und ihre demokratischen Vasallen seit jeher gemindert”, hetzte W.
Schuld sind für ihn die verhasten “Demokraten”. Sie würden “die Geldmacht, die Hochfinanz und jene Wirtschaftsmächte, die schon einmal die Völker in ein Blutbad schickten, in der jedes Land landete”, vertreten. Seit 1945, also seit dem Untergang des Nazi-Regimes, würden in Deutschland fremde Mächte herrschen, die die Medien, die Wirtschaft und die Politik kontrollierten; dieselben Mächte, die auch Schuld am Zweiten Weltkrieg sein sollen. Diese Verschwörungstheorie hat einen konkreten Feind, den W. aber bewusst nicht beim Namen nannte, stattdessen sagte er: „Der Weltenvergifter aber profitierte.“ „Weltvergifter“, „Hochfinanz“, „Geldmacht“ – dies alles sind Chiffren aus dem sprachlichen Arsenal des modernen Antisemitismus. Gemeint sind immer „die Juden“.
Während der Verhandlung versuchte sich W., seit neuestem Jura-Student, mit veralteten Urteilen deutscher Gerichte zu verteidigen. Die Vorsitzende des Jugend-Schöffengerichtes, Sylvia Block, ließ sich davon allerdings nicht überzeugen und wertete die Aussagen des Flugblattes als durchaus volksverhetzend und die vorgebrachten Referenzurteile als veraltet und überholt. Sie verurteilte den 22-Jährigen zu einer Geldstrafe von 550€.
Es bleibt vermutlich ein Rätsel, warum der als Wiederholungstäter geltende, gewaltbereite Neonazi eine so milde Strafe bei einem verhältnismäßig schwerwiegenden Straftatbestand bekommt. An dieser Stelle sei auf das Urteil des Kamener Amtsgericht verwiesen, das einen zuvor unbelasteten Menschen, der nach einem Angriff von ca. 40 Neonazis auf eine Informationsveranstaltung über „Autonome Nationalisten“ wegen angeblicher Beamtenbeleidigung – dem Polizist zufolge: “du Pisser” – zu einer Geldstrafe von über 1300 € verurteilte.
Neben W. wurden noch zwei weitere Neonazis wegen der Sprühereien am Jugend-Kultur-Café in Kamen angeklagt. Einer der Nazis muss sich zudem wegen des Besitzes von kinderpornographischen Filmen verantworten. Beide Angeklagten entschieden sich jedoch vor Gericht zu schweigen. Von einem weiteren, bereits verurteilten Neonazi, wurden sie jedoch schwer belastet. Beide werden wegen der Vorwürfe Mitte des Jahre erneut vor Gericht erscheinen müssen.
Pressespiegel:
Der Westen:
http://www.derwesten.de/staedte/froendenberg/22-jaehriger-Neonazi-zu-Geldstrafe-verurteilt-id4535123.html
Hellweger Anzeiger:
http://www.hellwegeranzeiger.de/lokales/froendenberg/art14334,1250300