Der 1. Mai in Dortmund sollte das neonazistische Groß-Ereignis in diesem Jahr werden. Nach dem Haftantritt von Axel Reitz und anderen führenden Neonazis war es vor allem um das „Aktionsbüro Westdeutschland“ ruhig geworden, das zuvor für die Mehrzahl der Aufmärsche in NRW verantwortlich war. Der Aufmarsch am 1.Mai sollte dies ändern. Daraus wurde nichts. Der massenhafte Widerstand von vielen Tausend Menschen in Dortmund brachte das Konzept der Nazis vollkommen durcheinander. Dabei hatte man sich über ein halbes Jahr lang vorbereitet. Auch einige Aktionen im Vorfeld des Aufmarsches wurden durchgeführt, wie eine Bustour am 28. April. Die Neonazis machten auch einen Halt in Kamen.
Oberbürgermeister spricht
Zuvor hatten sie schon eine Kundgebung in Kamp-Lintfort abgehalten, sowie versucht in Recklinghausen auf zulaufen, was die Polizei unterband. Bevor die Neonazis gegen 12.45 Uhr in Kamen eintrafen, fand schon eine Antifa-Bündnis-Kundgebung statt. In nur fünf Tagen hatten lokale AntifaschistInnen ein breites Bündnis geschaffen. 500 Menschen nahmen an der Kundgebung teil. (Zählung: WAZ) Es sprachen Vertreter verschiedener Organisationen, wie den Jusos, den Gewerkschaften oder dem Bündnis „Hamm stellt sich quer“. Auch der Oberbürgermeister (SPD) hielt eine kurze Rede zur Begrüßung, in der er deutlich machte, dass in Kamen für „völkisches Denken kein Platz ist“. Sehr persönlich wurde es, als er gegen Ende aus einem Brief seiner Großmutter aus dem Konzentrationslager, gerichtet an seine Mutter, vorlas. Seine jüdische Großmutter wurde wenig später von den Nazis ermordet.
Blick auf einen Teil der Kundgebung
Ein Redner der Antifa rief einerseits zum Widerstand gegen die Neonazis auf und wies zudem daraufhin, dass rechte Einstellungen kein Problem des Randes einer Gesellschaft, sondern der Mitte seien. Antifaschismus ende nicht beim Kampf gegen die Neonazis. Vielmehr gehe es um ein Ende von Diskriminierung, Ausbeutung und Unterdrückung. Rede der Antifa
Nazikundgebung: nur ein kleines braunes Häuflein
Bus, mit dem die Nazis anreisten
Einige KundgebungsteilnehmerInnen besuchten außerdem den Friedensgottesdienst oder machten sich auf den Weg in Richtung Willy-Brandt-Platz. Hier sollte die Veranstaltung der Neonazis stattfinden. Einige AntifaschistInnen und AnwohnerInnen schafften es bis zu den Polizeiabsperrungen, um dort ihren Protest direkt auszudrücken. Es gab aber auch eine ganze Reihe Platzverweise durch die Polizei. Eine ca. 40köpfige Gruppe AntifaschistInnen konnte nicht zu ihren GenossInnen zu stoßen, da sie von der Polizei aufgehalten und zurück zur Kundgebung gedrängt wurden. Dabei setzte die Polizei auch Faustschläge und Knüppel ein. Ein Gegendemonstrant wurde von der Polizei vorläufig festgenommen. Zwei Teilnehmer der Naziveranstaltung wurden ebenfalls festgenommen und bis 15.30 Uhr von der Polizei festgehalten. Das führte dazu, dass die Neonazis erst mit Verspätung nach Paderborn fahren konnten. Ihre Kundgebung dort dauerte deshalb nur eine halbe Stunde, da die Schicht der Busfahrer ablief. Die Fahrer der Reisebusse (von der Schwerter Firma QUECKE) waren von ihrer Fracht wenig angetan, sahen aber scheinbar keine Möglichkeit die Butterfahrt der Neonazis zu unterbinden.
Einer der ersten vor Ort. NPD-KV Unna/Hamm Sprecher Hans Jochen Voß
Anmelder Sascha Krolzig mit geschmackvollem Hemd
Während die Antifa-Veranstaltungen, obwohl die extrem rechte Kundgebung nicht verhindert werden konnte, als erfolgreich gewertet werden können, stellt sich die Frage nach dem Sinn der Neonazi-Aktion. Nach Angaben des Anmelders Sascha Krolzig sollte für die 1.Mai-Demo mobilisiert werden. Wen sie eigentlich erreichen wollen, bleibt wohl ihr Geheimnis. Die AnwohnerInnen und BürgerInnen von Kamen zeigten deutlich, dass sie von dem braunen Häuflein nichts hielten. Mehr als ein Häuflein waren sie nicht, eher das letzte Aufgebot. Höchstens achtzig Neonazis nahmen an der Aktion teil, u.a. auffallend viele Führungskameraden und Funktionsträger, wie Christian Worch, Dennis Giemsch, Steffen Pohl oder Sven Skoda von den Freien Kameradschaften, Claus Cremer, Daniela Wegener oder Martin Seelert von der NPD. Selbst aus Niedersachsen reisten NPD/JN-Mitglieder an. Der lokale NPD-Kreisverband war durch seinen Sprecher Hans Jochen Voß aus Unna, sowie einige Mitglieder und SympathisantInnen aus Bergkamen um den langjährigen NPD-Ortsverbandsvorsitzenden Mühlnickel vertreten.
Nazis vor dem Lautsprecherwagen
Die Neonazis machen aus ihrer Tour natürlich wieder einen „vollen Erfolg“. Stundenlanges Rumfahren mit dem Bus, ausgefallene und verkürzte Kundgebungen, null Resonanz aus der Bevölkerung, stundenlanges in der Sonne stehen und den schwachsinnigen Reden der Nazi-Vorturner lauschen… Wenn so Erfolge aussehen, wie sehen dann erst Niederlagen aus?
Mehr Fotos von den Neonazis:
Skoda (l.) unterhält sich angeregt, Markus Nikoluas (r.) versteht wenig und der Typ in der Mitte präsentiert eines der hässlichsten Shirts an diesem Tag. Goldenen Germanen-Kult…
Mühlnickel (rotes Hemd) verabschiedet sich
Bergkamener Stadt-Nazi „Locke“ hat es auch geschafft, sogar pünktlich.